Alltägliche vs. Transformative Atemarbeit – Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Bewusste Atemarbeit hat tiefe Wurzeln: In östlichen Traditionen wie dem indischen Pranayama, dem tibetischen Tummo, der chinesischen Qi-Atmung oder auch Schamanischen Ritualen wurde der Atem seit Jahrtausenden als Schlüssel zu Energie, Bewusstsein und Heilung genutzt. Seither haben sich viele Strömungen entwickelt, die sich schematisch in zwei Richtungen zuordnen lassen, der täglichen Atemarbeit und der transformativen Atemarbeit.

Was sind die Merkmale alltäglicher Atemarbeit?

Diese Atempraxis nutzt gezielt regulative Techniken zur Beruhigung des Nervensystems oder gezielten Aktivierung. Die kurzen Übungen sind alltagsnah, stabilisierend und einfach allein durchführbar. Sie fördern Stressabbau, Resilienz, Energie und Achtsamkeit. Bekannte Methoden sind Pranayama, Buteyko und Wim Hof.

Die alltägliche Atemarbeit wird heute u.a. in folgenden Bereichen eingesetzt:

  • Stressmanagement: Zur schnellen Regulation des Nervensystems und Förderung von Entspannung im Alltag

  • Konzentration & Leistung: Zur Steigerung von Energie, Wachheit und mentaler Klarheit bei beruflichen oder schulischen Aufgaben

  • Achtsamkeit & emotionale Stabilität: Zur Unterstützung der Gegenwärtigkeit und zur Förderung innerer Balance

  • Gesundheit & Prävention: Zur Verbesserung der Atemqualität und Stärkung des allgemeinen Wohlbefindens

    • Ziel: Zumeist regulative Atemtechniken, die das Nervensystem gezielt beruhigen, teilweise auch anregen sollen

    • Atemführung: Gesteuert, rhythmisch, oft langsam (z. B. 4 Sekunden ein, 7 halten, 8 aus)

    • Dauer: Kurz (1–15 Minuten), in Alltag integrierbar

    • Begleitung: Meist nicht – Selbstanwendung möglich

    • Erfahrungsraum: Alltagsnah, gegenwärtig, stabil

    • Einsatz: Genutzt zur Stressbewältigung, Resilienz-Aufbau, Energieentwicklung, Achtsamkeit u.a.

    • Risiken: Gering, bei korrekter Anwendung

    • Methoden: Pranayama, Buteyko, Wim Hof u.a.

Was sind die Merkmale von transformativer Atemarbeit?

Diese Atemtechniken sind intensiv aktivierend und psychodynamisch, um Zugang zum Unterbewussten zu ermöglichen. Die Sessions dauern erfolgen im therapeutischen oder rituellen Kontext mit Begleitung erfahrener Facilitatoren. Der Erfahrungsraum ist tiefgreifend. Bekannte Methoden sind Rebirthing Breathwork, Holotropes Atmen und Vertikales Atmen.

Die transformative Atemarbeit wird heute u.a. in folgenden Bereichen eingesetzt:

  • Selbsterfahrung & Persönlichkeitsentwicklung: Zur Lösung von inneren Blockaden, zur Stärkung des Selbstkontakts

  • Stressbewältigung & Prävention: Zur Regulation des Nervensystems, Steigerung der Resilienz

  • Körperarbeit & Coaching: Zur Aktivierung unterdrückter Gefühle und körperlicher Energien

  • Psychotherapie: Zur Trauma-Integration, bei Depressionen, Ängsten, psychosomatischen Beschwerden

  • Spiritualität: Als Werkzeug zur Bewusstseinserweiterung und Sinnfindung

    • Ziel: Stark aktivierende, psychodynamisch wirksame Atemtechniken, die Zugang zu Unterbewusstem herstellen sollen

    • Atemführung: Intensiv, verbunden, ohne Pausen zwischen Ein- und Ausatmen

    • Dauer: Längere Sessions (60–120 Minuten), im therapeutischen oder rituellen Setting

    • Begleitung: Ja – idealerweise durch erfahrene Facilitator:innen oder Therapeut:innen

    • Erfahrungsraum: Tiefgreifend, oft konfrontativ, potenziell spirituell

    • Einsatz: Genutzt zur Bewusstseinserweiterung und Verarbeitung von Material im Unterbewusstsein

    • Risiken: Höher – Kontraindikationen wie psychotische Zustände, Schwangerschaft, Herzerkrankungen u.a. zu beachten

    • Methoden: Rebirthing Breathwork (Orr), Holotropes Atmen (Grof), Vertikales Atmen (Walch) u.a.

Quellen

  • McKeown, P. (2022). Atme und heile dich selbst

  • Nestor, J. (2021). Breathe - Atem